Intelligenz für die Intralogistik

Die Effizienz Fahrerloser Transportfahrzeuge hängt vom passenden Leitsystem ab

In der gewerblichen und industriellen Produktion, aber zum Beispiel auch in Gesundheitseinrichtungen übernehmen Fahrerlose Transportsysteme (FTS) immer mehr innerbetriebliche Transportaufgaben. Wie gut sie die Lücke in der Kette automatisierter Prozesse schließen, hängt von der Wahl des passenden Systems ab. Entscheidend ist die Fähigkeit der FTS-Leitsteuerung, mit fest installierten Anlagenteilen und übergeordneten Systemen zu kommunizieren und zugleich höchste Produktivität sowie optimalen Arbeitnehmerschutz zu gewährleisten.

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Während selbstfahrende Pkw, Lkw und Busse auf unseren Straßen erste Probeeinsätze absolvieren, bringen in Werkshallen und Krankenhäusern seit vielen Jahren unbemannte Fahrzeuge ihre Fracht zuverlässig und sicher von A nach B. Selbstfahrende Systeme dienen als flexible Plattform für Montageprozesse, sie dienen der Ver- und Entsorgung in Krankenhäusern und dem innerbetrieblichen Materialtransport in allen Sparten der Industrie. Die Fahrzeuge treten selten einzeln auf, meist in größeren, oft auch gemischten Gruppen, die mit dem Unternehmenserfolg des Anwenders mitwachsen und über hundert Stück umfassen können. Wichtig für den effizienten, reibungslosen und sicheren Betrieb solcher Systeme ist die Intelligenz der Steuerungs- und Leitsoftware.

FTS ≠ FTS

Ebenso breit wie die Vielfalt sinnvoller Anwendungen von FTS ist das Spektrum an unterschiedlichen Systemansätzen. Diese unterscheiden sich unter anderem darin, ob die jeweilige Lösung mit aufgabenspezifisch entwickelten Fahrzeugen oder auf Basis automatisierter Serien-Flurförderzeuge realisiert wird. Unabhängig davon ist zunächst eine Unterscheidung nach dem zugrunde liegenden Navigationsverfahren zu treffen.

Bei spurgeführten Systemen folgen die Fahrzeuge Magnetbändern oder Induktionsschleifen, die in den Boden eingelassen oder – zum Herstellen temporärer Verbindungen – auf diesen aufgeklebt sind. Neben der Navigation können diese auch dem permanenten Nachladen der Batterien in den Fahrzeugen dienen, um Ladepausen zu vermeiden. Ihre Hauptanwendung liegt in der Fließproduktion, wo sie als Werkstück- oder Plattformträger fest installierte Rollen- oder Hängeförderer ersetzen. So flexibilisieren sie vor allem Montageprozesse.

Frei navigierende Fahrerlose Transportfahrzeuge werden meist in klassischen Intralogistik-Anwendungen eingesetzt. Meist bringen sie Vormaterial von einem Lager- oder Übergabeort zu einem Arbeitsplatz, zu einer Maschine oder zu einer Roboterzelle und holen von dort fertige Produkte und leere Behälter. Solche Systeme kommen ohne Spurführung aus. Sie überprüfen ihren Fahrkurs anhand unterschiedlicher Orientierungshilfen. Je nach den Erfordernissen der jeweiligen Anwendung kommen unterschiedliche Systeme zum Einsatz. So peilen die Fahrzeuge in manchen Anwendungen im Boden eingelassene Magnetpunkte an. Die klassische laserbasierte Positionsbestimmung nutzt an den Regalen oder Wänden angebrachte Laser-Reflektoren. Anhand unveränderlicher optischer Merkmale entlang der Strecke orientieren sich die FTF bei der konturbasierten Navigation mit der Technologie SLAM (Simultaneous Localization and Mapping). Nicht selten findet man innerhalb eines FTS auch eine Kombination aus mehreren dieser Verfahren.

Viele FTS-Anbieter bewerben ihre Systeme mit dem Argument der einfachen Programmierbarkeit. Manche von ihnen gebrauchen dabei Schlagworte wie „autonom fahrende Roboter“, „selbstlernende Maschinen“ oder „Schwarmintelligenz“. Um dem rauen Alltag in industriellen Anwendungen gerecht zu werden, ist jedoch mehr erforderlich als nur das Programmieren eines Fahrkurses für ein selbsttätig navigierendes Fahrzeug.

Herausforderung Kursberechnung

„Wenn ich nur ein Fahrzeug habe, das Dinge von A nach B bringen soll, kann sogar ein manuelles Teachen analog zur Roboterprogrammierung zielführend sein“, sagt Karl Rapp, Bereichsleiter Vertrieb, Projektierung und Marketing bei DS Automotion. „Für die Anforderungen in der heutigen industriellen oder großgewerblichen Produktion greift das jedoch deutlich zu kurz.“ Dort bestehen FTS meist aus mehreren, ihren unterschiedlichen Aufgaben entsprechend, oft auch unterschiedlichen Fahrzeugen. Diese müssen zudem mit zahlreichen umgebenden Systemen interagieren, etwa mit fix installierten Transporteinrichtungen oder Produktionszellen. Das Thema Sicherheit spielt eine tragende Rolle. Es beschränkt sich keineswegs auf das Anhalten vor einem überraschend auftretenden Hindernis. Die Leitsteuerung „DS Navios“ ist die Intelligenz hinter den flexiblen FTS-Lösungen von DS Automotion. Sie erfüllt all diese Anforderungen und sorgt mit hoher Effizienz für einen sparsamen Fahrzeugeinsatz.

Steuerung für spurgeführte FTS

Spurgeführte Systeme werden meist als integraler Teil der Produktionsanlage verstanden, mit der sie häufig auch programm- und datentechnisch eng verbunden sind. Die Logik ihrer Fahrbewegungen folgt dabei vorwiegend dem Fließ-/Taktschema der Produktionsarbeitsplätze. Ihre Leitsteue-rung basiert auf ähnlicher SPS-Technik wie die Automatisierung der Produktionsanlagen. Es handelt sich daher eher um Steuer- als um Leittechnik. Als Entwick-lungsumgebung und Laufzeit-Betriebssystem dient „Trackguide“, der Leitsystem-kern für den Aufbau spurgeführter Fahrerloser Transportsysteme in „DS Navios“. Die Programmierung erfolgt in der Soft-ware-Entwicklungsumgebung TIA-Portal von Siemens. Da dies der De-facto-Standard nicht nur in der deutschen Automo-bilindustrie ist, sind viele Produktions- und Instandhaltungsingenieure mit dieser Technologie bestens vertraut. Spurge-führte FTS von DS Automotion lassen sich damit nahtlos in die Gesamtautoma-tisierungsprozesse integrieren.

Leittechnik für freies Navigieren

Die FTS-Leitsteuerung „Freeguide“ fungiert als Verkehrsleitsystem für frei navigierende FTS von DS Automotion und kommuniziert auf Augenhöhe mit MES- und ERP-Systemen, mit denen sie – meist über Ethernet – ständig Daten austauscht. Ihre Hauptaufgabe ist es, aus den Auftragsdaten sowie Materialverfügbarkeits- und Maschinenauslastungsinformationen die optimalen Fahrbewegungen abzuleiten und Fahraufträge für die einzelnen Fahrzeuge zu generieren. Diese übermittelt das System üblicherweise nicht im Ganzen, sondern in Form einzelner Bahnabschnitte mittels WLAN zum selbsttätigen Abarbeiten an die Fahrzeuge. So bleiben praktisch jederzeit auch Kursänderungen möglich, um Transportaufträge ohne nennenswerte Verkehrsprobleme abwickeln zu können.

Eine wesentliche Funktion von „DS Navios“ ist die ständige Überwachung von Position und Zustand aller Fahrzeuge. Das ermöglicht die konfliktfreie und den Betrieb möglichst wenig behindernde Festlegung von Ladepausen für die einzelnen Fahrzeuge und ihre Zuweisung an bestimmte Ladestationen. Die Informationen aus den einzelnen Fahrzeugen fließen auch in die Visualisierung der FTS-Anlage ein. Damit erhalten berechtigte Mitarbeiter einen stets aktuellen Überblick und rollenspezifische Eingriffsmöglichkeiten über Arbeitsplatzrechner, fix installierte Touchscreen-Terminals oder WLAN-taugliche Endgeräte wie PDAs oder Smartphones. Geschützt durch Firewalls und eine unidirektionale Datenkommunikation, eröffnet das System bei Bedarf Mitarbeitern von DS Automotion alle Möglichkeiten zur Fernwartung.

Mit Sicherheit kommunikativ

FTS von DS Automotion kommunizieren zusätzlich auch direkt mit anderen Teilen der Produktionsanlage. Per Netzwerkverbindung können sie über Buskoppler mit Fremdsystemen Signale austauschen, etwa um Schranken oder Rolltore zu öffnen oder einen Aufzug anzufordern. Auch die direkte Interaktion mit ortsfest installierten Fördereinrichtungen – etwa Rollenbahnen – erfolgt auf diesem Weg. Nicht selten kreuzen sich die Wege fahrerlos verkehrender Transportfahrzeuge mit denen bemannter Stapler oder sogar mit Wegen von Straßenfahrzeugen. In solchen Fällen übernimmt die Leitsystemsoftware auch die Steuerung von Ampelanlagen oder Schranken.

Die Aufgaben der Leitsystemsoftware „DS Navios“ erstrecken sich auch in den Bereich der funktionalen Sicherheit. Um alle unmittelbar sicherheitsrelevanten Handlungen, wie das Anhalten vor querenden Personen, kümmern sich die sicherheitsgerichtete Sensorik und Steuersysteme im Fahrzeug selbst. Über die Leit-systemsoftware erfolgt jedoch eine Handshake-Kommunikation mit abgesicherten Produktionszellen. So können die Fahrerlosen Transportfahrzeuge zum Beispiel durch die Lichtgitter in die Roboterzellen einfahren, ohne eine Schutzverletzung auszulösen und diese zum Anhalten zu bringen. Das gewährleistet höchste Effizienz der Produktion und zugleich optimalen Schutz für die Mitarbeitenden.

DS Automotion auf der Logimat:

Halle 7, Stand D21

· Artikel im Heft ·

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