Für künftiges Wachstum gerüstet

Leistungserweiterung bei Materialfluss-System in zwei Phasen

Wie kann die Systemleistung verbessert werden? Vor dieser Frage stand die Rhenus Contract Logistics, denn ein im Jahr 2009 implementiertes Materialfluss-System war an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen. Eine Prozessoptimierungslösung umfasste sowohl betriebliche als auch systembezogene Verbesserungen.

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Die 1912 gegründete Rhenus-Gruppe ist ein weltweiter Logistikdienstleister mit einem Umsatz von 4,8 Milliarden Euro. Sie beschäftigt 28.000 Mitarbeiter an 580 Standorten rund um den Globus. Die Hauptgeschäftsbereiche des Unternehmens sind Vertrags-, Fracht- und Hafenlogistik sowie öffentlicher Verkehr. Zum Erreichen ihrer Ziele verwaltet die Rhenus-Gruppe komplexe Lieferketten mithilfe innovativer Mehrwert-Services.

Rhenus Contract Logistics (im Folgenden kurz Rhenus) gehört zur Rhenus-Gruppe und analysiert hochkomplexe Logistikabläufe, um diese mithilfe individueller Lösungen für Beschaffung, Produktion und Distribution zu optimieren. Das Unternehmen arbeitet zukunftsorientiert mit der Intention, den Logistikbetrieb seiner Kunden so abzusichern, dass diese auch zukünftig wettbewerbsfähig bleiben. Im Jahr 2009 lieferte und implementierte Vanderlande ein Materialfluss-System am Rhenus-Standort im niederländischen Tilburg. In diesem Distributionszentrum zur Einzelnutzung werden hauptsächlich E-Commerce-Aufträge für einen deutschen Einzelhändler abgewickelt. Diese Waren werden nach ganz Europa versandt, insbesondere in die Benelux-Länder und nach Großbritannien.

Kapazitäten-Ausbau in Spitzenzeiten

Das von Vanderlande installierte System umfasst Bereiche für die Abgabe, Qualitätskontrolle, Verpackung, Umreifung/Etikettierung und die Versandsortierung. Zuvor war das Distributionszentrum Tilburg sieben Tage die Woche ausgelastet, mit zwei Schichten pro Tag. Ständig neue Anforderungen führten nach und nach dazu, dass das System die in Spitzenzeiten erforderliche Kapazität nicht mehr bieten konnte.

Der Rhenus-Kunde verzeichnete unlängst ein starkes Wachstum. Zusätzliche Artikel führten zu einem Anstieg der Auftragszeilen, die von Rhenus bearbeitet werden mussten. Daher wandte sich Rhenus an Vanderlande mit der Frage, wie die Systemleistung verbessert werden könnte. Aus diesem Grund wurde 2016 ein Projekt ins Leben gerufen, in dem untersucht wurde, wie sich die Kapazität in Spitzenzeiten ausbauen lässt. Dies erfolgte in zwei Phasen. In der ersten Phase analysierten die Prozesstechniker von Vanderlande das System und erstellten Empfehlungen, wie sich die Spitzenkapazität der bearbeiteten Artikel um 25 Prozent pro Stunde steigern ließe.

Nach diesem ersten erfolgreichen Schritt stand in der zweiten Phase eine Kapazitätssteigerung um 20 Prozent auf dem Plan, so dass Rhenus für das erwartete künftige Wachstum seiner Hauptkunden gerüstet ist. Im Rahmen dieses zweiten Projekts wurden betriebliche Verbesserungen und technische Änderungen am vorhandenen System vorgenommen. Die zweite Phase wurde im November 2017 erfolgreich abgeschlossen.

Gründliche Analyse der Prozesse

Vor dem Start der zweiten Phase analysierte Vanderlande, wie sich die Ziele am besten erreichen ließen und welche Vorteile und Kosten für Rhenus damit verbunden waren.

Nach eingehender Beratung entschied man sich bei Rhenus für eine Prozessoptimierungslösung, die sowohl betriebliche als auch systembezogene Verbesserungen umfasste. Auf der Grundlage mehrerer Gespräche entwickelten und präsentierten die Prozesstechniker von Vanderlande einen Optimierungsplan.

Durch eine gründliche Analyse der Systemprozesse konnte Vanderlande die verbesserungswürdigen Bereiche genau bestimmen. Dabei ermittelten die Prozesstechniker eine Reihe bestehender Faktoren, die sich auf die Betriebskapazität von Rhenus auswirkten.

Das Projektteam kam zu dem Schluss, dass Verbesserungen in den folgenden Bereichen, zusammen mit dem Abbau von Engpässen, eine kritische Rolle zum Erreichen der angestrebten Ziele spielten:

  • Eine Erweiterung der Versandsortierung zum Ausbau der Systemkapazität und der Anzahl an Versandzielen.
  • Die Aufteilung der Abgabebereiche – drei Abgabebahnen wurden in sechs aufgeteilt, um die steigende Menge bereitgestellter Waren zu bewältigen.
  • Der Austausch von Rollenkurven gegen Gurtkurven zur Verbesserung der Artikelsteuerung und der Systemzuverlässigkeit.
  • Die Realisierung zusätzlicher Verpackungsstation, um die erforderliche Kapazität zu erreichen.
  • Anpassungen im Umreifungsbereich – durch Platzschaffung und mechanische Anpassungen wurde eine weitere Umreifungsbahn eingerichtet.
  • Eine Aufteilung der Verpackungsstationen für Rückgaben zur Erhöhung der Durchsatzraten verpackter Waren.
  • Die Realisierung einer zusätzlichen Sortierzufuhr bei manueller Verpackung – eine weitere Zufuhr zum Sorter prüft automatisch die Länge und Höhe der Artikel.
  • Die Realisierung einer Hochgeschwindigkeits-Etikettieranlagen – zwei weitere Einheiten helfen, die steigende Anzahl an Artikeln pro Stunde zu bewältigen.

Zur vollen Zufriedenheit abgeschlossenes Projekt

Rhenus stimmte den vorgeschlagenen Verbesserungen zu, sodass das Projekt im Mai 2017 mit der Konstruktion, Beschaffung, Fertigung und Ressourcenplanung beginnen konnte. Im Oktober 2107 startete Vanderlande mit der Implementierung der Änderungen. Die Abnahme durch den Kunden erfolgte im November 2017, womit das Projekt pünktlich, budgetgerecht und zur vollen Zufriedenheit von Rhenus abgeschlossen wurde.

Vanderlande konnte während der Abnahme die gewünschte Spitzenkapazität pro Stunde erreichen. Dies war den Systemverbesserungen, der Optimierung der Bedienvorgänge und den Änderungen am Schichtmuster zu verdanken. Rhenus verteilt seine Schichten nun anders über die Woche. An den fünf Wochentagen werden drei Schichten pro Tag gefahren, während am Wochenende nur eine Schicht pro Tag benötigt wird.

Aufgrund der Änderungen, die beide Unternehmen vorgenommen haben, ist Rhenus jetzt für das voraussichtliche künftige Wachstum seines Kunden bestens gerüstet. Der wesentliche Erfolgsfaktor war dabei die Erweiterung der Systemleistung innerhalb der derzeitigen Grenzen.

Darüber hinaus sorgt die stärkere Prozessmechanisierung am Standort dafür, dass das Unternehmen weniger vom zunehmenden Arbeitskräftemangel betroffen ist. Einen weiteren Mehrwert bedeutet das dedizierte Kundenbetreuungsteam, mit dem die Partnerschaft zwischen Rhenus und Vanderlande weiter gestärkt wurde. (ck)

Christina Kasper

Christina Kasper
Redakteurin, Zeitschrift "Technische Logistik - Hebezeuge Fördermittel", HUSS-MEDIEN GmbH

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